Diese häufig genannte zusammenfassende Bezeichnung für die 3 Staaten wird von den einzelnen Ländern gar nicht so gern gehört. Sie legen Wert darauf, eigenständig und seit ca. 20 Jahren auch endlich freie EU- Staaten zu sein. Das erkennt man z. B. auch an 3 Währungen und an ihren sehr unterschiedlichen Sprachen.Wir konnten nichts verstehen bzw. lesen, übrigens die Esten, Letten und Litauer gegenseitig auch nicht. Englisch und Russisch sind verbindende Elemente.
Ähnlichkeiten gibt es dennoch einige: Weite bewaldete Landschaften, geringe Bevölkerungsdichte, große Armut auf dem Lande. Ein kleines Stück Acker und eine Kuh sichern häufig das Überleben . An- dererseits trafen wir nicht nur in den boomenden Hauptstädten auf riesige Einkaufszentren, die täglich bis 24 Uhr geöffnet haben und eine Auswahl in allen Bereichen haben, die überwältigend ist. Das trifft in besonderem Maße auf das Angebot an alkoholische Getränken zu, extrem bei den Wodka – Sorten. Alle Supermärkte sind mit Bankomaten ausgestattet, sodass wir nie Schwierigkeiten hatten, das nötige Kleingeld zu besorgen. Kartenbezahlung ist übrigens weit mehr verbreitet als bei uns.
Unsere Anreise erfolgte von Sassnitz (Rügen) nach Klaipeda (früher Memel) in Litauen mit einer 50 Jahre alten Autofähre. Unsere naive Vorstellung, dass wir unsere Reise mit einer Portion Luxus auf einem Kreuzfahrtschiff beginnen, erledigte sich schnell. Aber die gute „Kauna“ beförderte uns auch auf unserer Rückreise bei Windstärke 7/8 sicher wieder nach Hause.
Bei der 3-wöchigen Reise durch die Länder haben wir so viele Eindrücke erfahren, die hier nicht alle wiedergegegeben werden können. Somit beschränke ich mich auf einige besondere Momente. Dabei muss ich vorab ein großes Lob für „Luise“ aussprechen. Luise tauften wir die Sprechstimme auf unserem neuen Navi. Ohne Luise hätten wir etliche Ziele – vor allem in den Haupstädten – nicht oder nur sehr schwerlich erreicht.
Eine Attraktion ist der Berg der Kreuze. Der beeindruckende Hügel, auf dem tausende Kreuze angebracht sind, hat sich im Laufe der Jahrzehnte – und zwar schon zur Sowjetzeit – zum Wallfahrtsort entwickelt. Er ist ein Beispiel des Widerstandswillens der Litauer gegen die Sowjets, welche die Kreuze immer wieder niederrissen, um dann zuschauen zu müssen, wie die Pilger stets neue Kreuze aufstellten. Täglich kommen neue Kreuze hinzu.
Nicht weit entfernt fuhren wir über die Grenze (ohne Kontrolle) nach Lettland zum „Versailles der Ostsee“, dem Schloss Pilsrundale mit 138 Räumen und mit einem herrlichen Schlossgarten, in dem einmal 300000 Linden gepflanzt worden waren. Wir haben das nicht überprüft, aber schön war es.
Riga wartete auf unseren Besuch! Der Riga City Campingplatz lag ausgesprochen günstig. Wir mussten lediglich einen Spaziergang über die Daugavabrücke machen und waren in der Altstadt.
Das taten wir mehrere Male, denn wir hielten uns in der Stadt ein langes Wochende auf.Es war obendrein ein besonderes Wochenende, denn es gab ein Festival mit Musik und mitelalterlichem Markt. Die Stadt war voller Menschen! Alle ca. 1 Mio. Einwohner der Metropole und unzählige Touristen schoben sich durch die Gassen, sodass man sich nur mittreiben lassen konnte. Das Leben pulsierte. Die Altstadt ist hervorragend restauriert und bietet wunderschöne, manchmal auch kuriose Fotomotive. Beispiele sind das Schwarzhäupterhaus (Innungshaus), eine Orthodoxe Kirche,ein Haus mit Wolldekoration, die Freiheitsstatue oder auch ein futuristische Bankhaus. In den erstaunlich vielen Straßencafes und – restaurants in der Altstadt gab es für uns immmer wieder reichlich Gelegenheit, sich von „Riga zu Fuß“ mit einem Cappuccino oder einem Glas Wein bzw. Bier zu erholen.
Nach einigen Zwischenstationen Richtung Norden und der Grenzüberschreitung nach Estland erreichten wir Tallinn. Estland hat sich in wirtschaftlicher Hinsicht am besten entwickelt, wohl auch dank der Unterstützung durch das benachbarte Finnland. Das zeigt sich z..B. an den besseren Straßenver- hältnissen und der Tatsache, dass hier der Euro eingeführt wurde. Tallin war mal Austragungsort der olympischen Segel- und Ruderwettbewerbe 1980, die ja von den westlichen Staaten boykottiert wurden. Den Yachthafen gibt es natürlich noch und diente uns als Wohnmobilstellplatz- quasi unter den olympischen Ringen.
Von dort aus gab es einen guten Radweg in die Innenstadt, die uns immer mit etlichen Kreuzfahrtschiffen und Fähren begrüßte. Auch diese Stadt ist wunderbar wieder hergerichtet, zeigt sich aber anders als Riga mit einem mittelalterlichen Flair. Eine vollständige Stadtmauer, Wachttürme, ein Burgberg und enge Gassen prägen die Altstadt. Wir waren von dem Gesamtbild sehr angetan. Obendrein entdeckten wir bei unseren Rundgängen auch einen guten „Italiener“bei dem wir preisgünstig essen konnten. Es fiel schon auf, dass es in Tallinn sonst im Vergleich recht teuer war. Vor den Toren Tallinns besuchten wir auch ein sehr großes und gut strukturiertes Freilichtmuseum mit folkloristischen Vorführungen.
Ein nächster Schwerpunkt unserer Reise sollte der Gauja Nationalpark sein .Dazu mussten wir erst einmal einen Fahrtag einschieben, denn der liegt in Lettland, nicht weit von Riga. Der Nationalpark erstreckt sich entlang des Flusses Gauja, der sich durch rote Sandsteinfelsen seinen Weg gebahnt hat. Sehenswert sind hier auch die Städte Cesis und Sigulda mit ihren imposanten Burgen. Da das Wetter nicht so toll war, haben wir uns hier nicht so lange aufgehalten wie geplant.
Weiter ging die Fahrt gen Süden. Immer wieder warnten uns Schilder vor Elchen. Wir haben keinen gesehen und so erreichten wir ungefährdet den Mittelpunkt Europas in Litauen. Nach neuesten Messungen liegt dieser Punkt tatsächlich nur wenige Kilometer nördlich von Vilnius. Die Anlage ist neu gestaltet worden und natürlich ein Muss für ein Foto.
Nun lag also die dritte Hauptstadt vor uns. Die Silhouette stimmte uns darauf ein, dass Vilnius als Stadt der Kirchtürme gilt. Von der Burg konnten wir allein 40 zählen , aber es sollen noch viel mehr sein. Barock bestimmt die Architektur der litauischen Hauptstadt. Prachtvolle Bürger- und Kaufmannshäuser bilden den Kern der größten Altstadt Osteuropas.Es gab viel zu tun für uns.Die Burg ,der Kathedralen- platz mit dem freistehenden Glockenturm, die gotische Annenkirche, und, und,und. Obendrein wurden wir wieder von einem Festival mit Musik und Kunstmarkt überrascht. Klasse!
Es stellte sich eine gewisse Stadtmüdigkeit bei uns ein , sodass wir froh waren, nun in den historischen Nationalpark Trakai – nur 30 km von Vilnius entfernt – fahren zu können. Im Mittelalter wurde das Land von dem berühmten Wasserschloss Trakai regiert, dass mitten in einer Seenlandschaft liegt. Die Festung ist prächtig restauriert und beherbergt auch ein historisches Museum. In der kleinen Stadt Trakai gibt es noch etwas Interessantes zu beobachten. Da gibt es ein Karäerviertel mit den Häusern und ihren typischen 3 Fenstern zur Straßenseite. Die Karäer bilden heute mit 150 Menschen eine religiöse Minderheit in Litauen. Im 16. Jahrhundert wurden sie von einem Fürsten aus der Krim als Soldaten angeworben. Die Religion ähnelt dem Islam, die Sprache ist aus der türkischen Sprachfamilie
Wir hatten noch ein paar Tage Zeit bis zur Heimfahrt, die Wetterprognose war günstig, also entschieden wir, die restlichen Tage auf der Kurischen Nehrung zu verbringen. Dorthin hatten wir schon gleich nach unserer Ankunft in Klaipeda einen Tagesausflug mit dem Fahrrad gemacht, jetzt aber ging es mit der Autofähre hinüber und die rund 45 km weiter bis zum letzten litauischen Ort, nämlich Nida. Die Nehrung insgesamt ist ungefähr 100 km lang , aber die 2. Hälfte gehört zu Russland , wie ein Verkehrsschild deutlich macht. Man braucht dann ein Visum.
Wir begnügten uns mit Wanderungen zur Hohen Düne (58 m) ,die jährlich 8 bis 10 m wandert, und entlang des unendliche Strandes. Sogar ein kurzes Bad konnten wir genießen, was uns sonst wegen fehlender hochsommerlicher Temperaturen nicht vergönnt war. Ansonsten unternahmen wir Fahrradtouren -auf der gesamten Nehrung gibt es den baltischen Fahrradweg Nr.1 – und auch die Kultur kam nicht zu kurz: Das Thomas- Mann- Haus haben wir natürlich auch besucht. Thomas Mann ließ das Sommerhaus errichten und verbrachte dort 3 Sommer bis 1932, dann emigrierte er.
Wie schon erwähnt, mit einer stürmischen Rückfahrt beendeten dann wir unsere Tour. Insgesamt waren wir 4 Wochen unterwegs. Es dauerte ein paar Tage, bis wir uns nach so vielen unterschiedlichen Eindrücken wieder an den Alltag gewöhnt hatten.Diese Vielfalt sollen die abschließenden Bilder vermitteln.